Die Elite muss Verantwortung übernehmen
96. Deutscher Katholikentag

Saarbrücken. Die Elite eines Landes darf die Schwachen nicht aus dem Blick verlieren und muss sich immer ihrer besonderen Verantwortung für die Gesellschaft bewusst bleiben. Diese Forderung hat die Generalsekretärin der Bischöflichen Studienförderung Cusanuswerk, Claudia Lücking-Michel (Bonn), auf dem 96. Deutschen Katholikentag erhoben, der vom 24. bis 28. Mai 2006 in Saarbrücken unter dem Leitwort "Gerechtigkeit vor Gottes Angesicht" stattfindet.

Die Generalsekretärin beteiligte sich an der hochrangig besetzten Podiumsdiskussion "Kopflose Gesellschaft", die sich mit der Frage auseinandersetzte, wie glaubwürdig die gegenwärtigen Eliten Deutschlands sind. Sie widersprach u.a. dem stellvertretenden Chefredakteur der Wochenzeitung "Die Zeit", Bernd Ulrich (Berlin), der von einer "Eliten-Krise" sprach.

Einig war sich Claudia Lücking-Michel mit dem Zeithistoriker Professor Paul Nolte (Berlin), dass jede Gesellschaft über Eliten verfüge, die in ihrem jeweiligen Fachgebiet hervorragende Leistungen erbringen würden. Die Staatsministerin im Bundeskanzleramt, Hildegard Müller (Berlin), hinterfragte, wie die Gesellschaft mit Eliten umgehe, die unbequeme Fragen stelle und unbequeme Antworten gebe. Sie erinnerte dabei an das politische Schicksal von Paul Kirchhoff, der im Wahlkampfteam 2005 von Kanzlerkandidatin Angela Merkel nicht nur vom politischen Gegner fallen gelassen worden war.

Die Generalsekretärin des Cusanuswerkes stellte die Frage, welche gesellschaftlichen Rahmenbedingungen eigentlich geschaffen würden, "damit sich gute Leute engagieren"? Damit stand sofort die Überlegung im Raum, ob die Einführung von Studiengebühren nicht Elitebildung verhindere. Die Diskussionsteilnehmer waren aber überzeugt, dass Studiengebühren im Gegenteil die Elitebildung fördere - vorausgesetzt freilich, man schaffe ausreichende Förder- und nachgelagerte Kreditmöglichkeiten.

In diesem Zusammenhang verwies Claudia Lücking-Michel, die auch Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) ist, auf die Leistungen der elf Begabtenförderungswerke in Deutschland. Die Studiengebühren sollten, so die Generalsekretärin, Forschung und Lehre an den Hochschulen verbessern. Allerdings werde man mit den Studiengebühren die Unterfinanzierung des Bildungswesens nicht beheben.

Für alle Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer gab es im Übrigen keine Zweifel, dass mit der Förderung der jungen Menschen und damit auch der Elitebildung im Kindergarten begonnen werden müsse.

Das Cusanuswerk, vor genau einem halben Jahrhundert von den deutschen katholischen Bischöfen ins Leben gerufen, bezeichnete Claudia Lücking-Michel als ein "wichtiges Zeichen" für die Chancengerechtigkeit junger Menschen. Unabdingbar sei, dass die Begabtenförderung den Schwächsten nutzen müsse. Zugleich räumte sie ein, dass es "noch kein Patentrezept" gebe, um junge Menschen mit Migrantenhintergrund den Aufstieg in die Eliten des Landes zu erleichtern, Dass dies notwendig ist, wurde von keinem Teilnehmer der Podiumsdiskussion unter der Leitung der TV-Moderatorin Maria von Welser (Hamburg) bestritten.

Als Verdienst der früheren Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) wurde anerkannt, dass diese mit der Forderung nach Elite-Universitäten den in Deutschland weithin negativ besetzten Begriff von der Elite neu und diesmal positiv in die allgemeine gesellschaftliche Debatte zurückgeführt habe. Bernd Ulrich unterstellte den Eliten, selbst über wenig Orientierung für die Gesellschaft zu verfügen. Dieser These wurde energisch widersprochen, gleichwohl einigte man sich auf die Forderung von Claudia Lücking-Michel, dass die Elite nicht ohne Werte und damit ohne Verantwortung für das Allgemeinwohl auskommt. Die Generalsekretärin des Cusanuswerks: "Elite muss auch als Person überzeugen." krd

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