Welchen Beitrag leistet eine Verfassung zur Stabilisierung eines Staates? Was ist unter guter Regierungsführung zu verstehen? Welche Beispiele hierfür finden sich auf dem afrikanischen Kontinent?
Mit solchen und anderen Fragen beschäftigten sich in den vergangenen beiden Jahren StipendiatInnen der deutschen Begabtenförderwerke im Rahmen einer Arbeitsgruppe des gesellschaftswissenschaftlichen Kollegs der Studienstiftung des deutschen Volkes. Unterstützt wurde das Projekt vom Evangelischen Entwicklungsdienst (eed). Dabei waren Anna Deister, Christoph Ellßel und Florian Weigand, die Geförderte des Cusanuswerks sind. Die Zielsetzung lautete, sich mit Verfassungsrealitäten und Governance-Strukturen in Afrika auseinanderzusetzen und so diskutierten die StipendiatInnen über die mannigfaltigen Aspekte gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen in afrikanischen Staaten.
Als im Laufe der theoretischen Befassung mit dem Wohl und Wehe afrikanischer Realität das Bedürfnis aufkam, auch einmal einen praktischen, reellen Zugang zu den fremden behandelten Kulturen und Wirklichkeiten zu bekommen, war die Idee eines Studienaustausches geboren. Gemeinsam mit zwölf Studierenden der südsenegalesischen Universität Ziguinchor wurde in der Folge ein umfassendes Austauschprogramm ausgearbeitet.
Nach der langen, besonders in finanzieller Hinsicht komplizierten Organisation, kam die tatsächliche Abreise am 26. Dezember 2011 für die meisten Teilnehmer dann doch recht überraschend. In den kommenden zwei Wochen sollten in drei Arbeitsgruppen zu den Themen Rechtsstaatlichkeit, Dezentralisierung und Demokratie, Kultur und Sprache gemeinsam mit den senegalesischen PartnerInnen rechtliche, politische und gesellschaftliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den jeweiligen Lebenswelten erarbeitet werden. Am Ende der Arbeitsphase wurden die Ergebnisse vor ProfessorInnen und Studierenden der Universität Ziguinchor präsentiert. Auch Prof. Dr. Thilo Marauhn, der Leiter der Kolleg-Arbeitsgruppe, und Inhaber eines Lehrstuhls für Völkerrecht und Öffentliches Recht an der Universität Gießen, fand sich zur Abschlussveranstaltung ein.
Doch die deutschen StipendiatInnen lernten mehr als die Unterrichtsräume der Universität kennen: Unterwegs im Uni-Bus erhielten sie im Dorf Enampor einen Einblick in die ländlichen Strukturen der Casamance-Region, besuchten unter anderem die Wahlkommission CEDA und das Büro der GIZ in Ziguinchor.
Im Anschluss an das Seminar in Ziguinchor verbrachten die Studierenden eine Woche in der Hauptstadt Dakar, zu Gesprächen mit dem deutschen Botschafter Christian Clages, deutschen politischen Stiftungen und der senegalesischen Menschenrechtsorganisation Raddho. Ein Ausflug zur Insel Gorée, dem Weltkulturerbe vor den Stränden Dakars, rundete das Programm ab.
Nach den intensiven Tagen konnte nur die Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen in Deutschland den Abschied erträglich machen. Die deutschen Studierenden wollen die senegalesische Gruppe daher für ein weiterführendes Seminar und eine Studienreise nach Deutschland einladen. Im Dezember sollen dann vor allem Fragen aus der ersten gemeinsamen Arbeitsphase vertieft werden. Besonders die Lebenswirklichkeit der Studierenden in Ziguinchor, die stark vom Konflikt um die Eigenständigkeit der Region Casamance im Süden des Senegals geprägt ist, soll dabei eine Rolle spielen. Seit ihrer Rückkehr arbeiten die StipendiatInnen nun eifrig an der Finanzierung und der Planung des Seminars im Dezember - Spenden werden gerne entgegen genommen.
Ansprechpartner für die Studierenden des Cusanuswerks ist Florian Weigand: fl.weigand@gmail.com