Parklampe Nr. 5
Ein Projekt im öffentlichen Raum von Ulrike Möschel

Zwischen Schwanenspiegel und Kaiserteich im Ständehauspark, Düsseldorf nach Einbruch der Dunkelheit [...] Wie zuvor in reduzierter Form mit Glühbirnen und Neonröhren vor Ort arbeitet Ulrike Möschel auch in ihrem jüngsten Projekt mit der Manipulation an Leuchtkörpern. Parklampe Nr.5 inkorporiert zwei Typen öffentlichen Lichts: Das orangefarbene, atmosphärisch wirksame Licht der Straßenlaternen, das die romantische, abendliche Stimmung in der Parkanlage am Düsseldorfer Schwanenspiegel unterstreicht, wird an einer Stelle in der Laternenreihe entlang des Parkweges unterbrochen durch ein hektisch rotierendes Blaulicht.

Damit wird nicht nur die Ruhe des verkehrsentrückten Parkidylls gestört und ein Einbruch von Gefahr suggeriert. Zugleich kommt eine übersehene Verwandtschaft wieder zu Bewusstsein, die in der Frühzeit der Straßenbeleuchtung noch geläufig war: Denn die Laterne ersetzt nicht zuletzt den Polizisten vom Tage. So verbirgt sich im Gewand der Laterne des Altdüsseldorfer Typs als Teil des nostalgischen Parkdekors eben auch ein Wächter über Sicherheit und öffentliche Ordnung. Als solche waren Straßenlaternen immer schon Angriffsziel revolutionärer Zerstörungswut oder anarchistischer Störmanöver, was von der künstlerischen Avantgarde gern aufgegriffen wurde: Mitte der 1950er Jahre sahen beispielsweise die späteren Situationisten in ihrem „Projekt für rationelle Verschönerungen von Paris“ u.a. die Ausstattung der Laternen mit Lichtschaltern vor, um die Straßenbeleuchtung der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Bei Parklampe Nr.5 erprobt Ulrike Möschel dagegen weder deren Störanfälligkeit wie schon in Arbeiten mit fragilen Glühbirnen, noch durchkreuzt sie die obrigkeitliche Verfügungsgewalt über die öffentliche Straßenbeleuchtung durch individuell handhabbare, eher im Privaten angesiedelte Lichtschalter, was anstelle des vorgeblichen Mehr an Öffentlichkeit ohnehin anarchisches Chaos entstehen ließe. Gleichwohl interessiert sie das Moment der zentralen Schaltung des zusammenhängenden Straßenlaternennetzes: Wie sie sonst mit zusätzlichen Lampen und verlängerten Kabeln in elementare Schaltkreise eingreift, wird hier eine Lampe anderen Typs dazwischengeschaltet, die doch den Kreis nicht unterbricht, sondern von der vorhandenen Stromversorgung zehrt und dem Tag- und Nacht-Rhythmus der übrigen Straßenbeleuchtung gehorcht. Die allgemeine Ordnung und zentral gesteuerte Lichtregie des allabendlichen Schauspiels werden nicht grundlegend unterminiert von der einen Parklampe Nr.5, deren Warnzeichen auf nichts Konkretes verweisend ins Leere läuft und in die konsistente Inszenierung von Romantik eine Ahnung von Bedrängnis, aber auch Rettung einschleust. Das einzelne, abweichende Irrlicht lässt die Syntax des durchnummerierten, verwalteten öffentlichen Raumes und seine gelenkte, künstliche Lichtstimmung umso stärker manifest werden. Indirekt verweist das Blaulicht darauf, dass es sich hier trotz der Anklänge an alte Gaslaternen und des atmosphärischen Lichts um elektrische Straßenbeleuchtung handelt und eben nicht um einen Teil des Gaslampensystems, das in anderen Düsseldorfer Parkanlagen noch erhalten ist. [...]

Textauszug: Annette Urban: Irrlicht im Idyll- Parklampe Nr. 5 und andere Arbeiten im öffentlichen Raum von Ulrike Möschel
In: Ulrike Möschel: schenken stehlen tauschen, Extra Verlag, Berlin 2006, 52 Seiten Textbeiträge von Angelika Nollert und Annette Urban, ins Englische übersetzt

Vgl. zur Elektrifizierung insgesamt Wolfgang Schivelbusch: Lichtblicke: zur Geschichte der künstlichen Helligkeit im 19. Jahrhundert. München 1983, hier S.98.

Vgl. Guy Debord präsentiert Potlatch 1954-1957. Informationsbulletin der Lettristischen Internationale. Hrsg. von Klaus Bittermann. Berlin 2002, S.173.

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