Fast 800 Stipendiatinnen und Stipendiaten des Cusanuswerks trafen sich vom 16. bis zum 19. Juni 2011 in Schloss Eringerfeld, um im Rahmen ihres Jahrestreffens über das Thema „Deutschland im Krieg – Friedensethik in veränderter Weltlage“ zu diskutieren.
Die Aktualität dieses Themas mußte nicht eigens hervorgehoben werden; vor allem der deutsche Einsatz in Afghanistan wird kontrovers diskutiert, und dabei handelt es sich keineswegs um den einzigen Auslandseinsatz der Bundeswehr. Für die Stipendiatinnen und Stipendiaten des Cusanuswerks ging es an diesem Wochenende um viele verschiedene Aspekte des Themas – um die sicherheitspolitischen Herausforderungen, mit denen die Bundesrepublik konfrontiert ist, und zugleich um die Frage, ob und wie sich die militärische Beteiligung an Konflikten mit den Forderungen christlicher Ethik vereinbaren läßt.
In Vorträgen, Arbeitsgruppen und einer Podiumsdiskussion wurden diese Fragen reflektiert.
PD Dr. Markus Kaim (Leiter der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin) beschrieb in seinem Eröffnungsvortrag eine veränderte Weltlage, aus der sich neue Determinanten für die deutsche Sicherheitspolitik ergeben – etwa die sicherheitspolitische Globalisierung nach dem 11. September 2001, die Entterritorialisierung von Bedrohungsszenarien durch den transnationalen Terrorismus oder auch die Unschärfe deutscher Interessen bei gleichzeitiger Notwendigkeit zur Legitimation von Auslandseinsätzen in einer demokratischen Gesellschaft und schließlich den mulitlateralen Handlungsdruck, dem sich die Politik ausgesetzt sieht.
Ob Deutschland damit vor kaum lösbaren Herausforderungen steht und wie sich vor dem Hintergrund tatsächlicher oder vermeintlicher militärischer Notwendigkeiten friedensethische Forderungen grundsätzlich formulieren lassen, – diese Fragen wurden in 11 Workshops vertieft. Dabei lag der Schwerpunkt des Interesses auf der Frage, mit welchen Mitteln aus christlicher Sicht der Einsatz für den Frieden denkbar ist.
„Christ und Soldat in der heutigen Zeit – Friedensethik für den Ernstfall“: Der Beitrag von General a.D. Karl-Heinz Lather (Stabschef Nato-Hauptquartier Europa, Brüssel) spitzte das Problem zu. Welches Selbstverständnis haben Soldaten, die dem Christentum verbunden, auf den Staat vereidigt und in einem Einsatz sind, bei dem es Tote und Verletzte auf allen Seiten gibt? In welchen Fällen läßt eine christliche Friedensethik militärisches Handeln zu?
Im Rahmen der anschließenden Podiumsdiskussion wurden diese Fragen kontrovers diskutiert; gemeinsam war allen Diskussionspartnern ein deutliches Plädoyer für eine unverstellte öffentliche Diskussion solcher Fragen in der Gesellschaft.
Neben den Diskussionen und Vorträgen bot das Jahrestreffen den Teilnehmern vielfältige Gelegenheiten zur Begegnung – mit anderen Stipendiatinnen und Stipendiaten, mit den Gastreferentinnen und -referenten und mit Ehemaligen.
Ein Festgottesdienst, zelebriert von Weihbischof Prof. Dr. Paul Wehrle, rundete das Jahrestreffen am Sonntagmittag ab.