Das Jahrestreffen des Cusanuswerks 2016 – ein lebendiges Netzwerk: zum 60. Jubiläum der Bischöflichen Studienförderung

Mehr als 800 Stipendiatinnen und Stipendiaten der Bischöflichen Studienförderung Cusanuswerk und zahlreiche hochrangige Gäste kamen vom 20. bis zum 22. Mai 2016 in Geseke/Eringerfeld zusammen, um sich dem Thema „Netzwerke“ zu widmen.  Das Jahrestreffen wurde mit seinem lebendigen Austausch über die Möglichkeiten christlicher Interaktion zu einem der zentralen Ereignisse im Jubiläumsjahr des Cusanuswerks.

 

60 Jahre nach der Gründung des Cusanuswerks beschäftigten sich studierende, promovierende und ehemalige Stipendiatinnen und Stipendiaten im Rahmen des Jahrestreffens mit dem Begriff „Netzwerk“ als einer Leitmetapher des gesellschaftlichen Lebens unserer Zeit. Aber was ist das überhaupt – ein Netzwerk? Viele denken zunächst an Social Media-Plattformen wie Facebook, LinkedIn oder Twitter. Das semantische Feld ist jedoch viel weiter: das familiäre Umfeld, Freunde und Bekannte, politische Parteien, unternehmerische Verbünde oder die ‚scientific community‘ – auch diese Konstellationen werden mit dem Begriff ,Netzwerk‘ assoziiert. Die katholische Kirche ist das älteste soziale Netzwerk der Welt, sagt der Bischof von Osnabrück, Dr. Franz-Josef Bode. Der gemeinsame Kern liegt darin, dass ein Zusammenschluss mehrerer Individuen mit ähnlichen Interessen, Wünschen oder Ansichten besteht, also ein Beziehungsgeflecht, dessen Mitglieder in irgendeiner Art und Weise interagieren.

In welcher Weise lassen sich auch das Cusanuswerk und die seit 1956 fast 9000 geförderten Menschen als Netzwerk begreifen? Welche Besonderheiten charakterisieren den Zusammenschluss von begabten katholischen Akademikerinnen und Akademikern? Sind  von ihm substantielle Wirkungen in Kirche und Gesellschaft, Wissenschaft und Forschung, Politik und Wirtschaft, Medien und Kultur zu erwarten?

In zwei Festvorträgen sowie in 10 Workshops wurden diese und weitere Fragen intensiv und kontrovers diskutiert.

 

Prominente Redner stellten das Thema zur Diskussion

„Die Kraft der Verbundenheit. Möglichkeiten christlichen Begegnens und Wirkens“: Diesem Thema widmete sich Professor Dr. Dres. h.c. Paul Kirchhof, Bundesverfassungsrichter a.D., Vorsitzender des Vorstands des Cusanuswerk e.V. und ehemaliger Stipendiat des Cusanuswerks, in seinem Eröffnungsvortrag. Im Bereich der sich immer stärker spezialisierenden Wissenschaften sei Vernetzung durch interdisziplinären Dialog unverzichtbar – nicht nur, weil der denkende Mensch nach Universalität des Wissens strebe, sondern auch, weil der verantwortliche Umgang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen nur im Austausch möglich sei. Vor diesem Hintergrund plädiert Kirchhof für ein Leistungsprinzip, das humanitär ausgerichtet und im Interesse der Gemeinschaft angewendet wird. Dass  jedes freiheitliche System auf dem elementaren Vertrauen in die jeweils anderen basiere, mache deutlich, was Vernetzung für den demokratischen Staat bedeutet, denn Toleranz setze voraus, dass die Individuen in ihrer Verschiedenheit voneinander wissen. Auch der Kirche empfiehlt Kirchhof, den Dialog weiter zu fördern: „Weniger vordenken, mehr verstehen.“ In diesem Sinne sieht er eine der wesentlichen Aufgaben der Kirche darin, „humanitäre Aufklärung“ zu leisten.

Ehemaliger Stipendiat des Cusanuswerks ist auch Prof. Dr. Norbert Lammert, der Präsident des Deutschen Bundestages. Er gratulierte dem Cusanuswerk, indem er das Gründungsjahr 1956 sehr anschaulich in einen historisch-politischen Kontext stellte und die Entwicklungsprozesse in den Blick nahm, die sich seitdem in Staat und Kirche vollzogen haben. Als eine der entscheidenden Veränderungen im politischen Leben nannte er die Entstehung der Europäischen Gemeinschaft, die er trotz der gegenwärtigen Probleme als historisch einzigartiges Friedens- und Freiheitsprojekt würdigte. Für den kirchlichen Bereich diagnostizierte er die Notwendigkeit eines vergleichbaren Aufbruchs – besonders in Fragen der Ökumene: „Was uns verbindet, ist stärker als das, was uns trennt.“ Diese innovative Kraft sieht er als eine der wesentlichen Eigenschaften des Cusanuswerks. Mit dem Appell, Netzwerke in diesem Sinne zu nutzen, schloss Lammert seine Festrede.

Die Festvorträge wurden ergänzt durch die „netzWERKstatt“ – 10 Workshops, in denen sich die Teilnehmer über viele Aspekte rund um Netze und Netzwerke informieren und austauschen und dabei das Thema aus verschiedenen Perspektiven betrachten konnten; dabei entstanden lebhafte Debatten – etwa in einem Roundtable-Gespräch mit „Cusanerinnen der ersten Stunde“, in einem großen Kunstprojekt und in einer Präsentation von Initiativen, die im Herbst 2015 mit dem „Ideenpreis zur Förderung des cusanischen Netzwerks“ ausgezeichnet wurden.

 

Festgottesdienst und Pontifikalamt am Sonntag

Zum Abschluss des Wochenendes kamen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einem Festgottesdienst zusammen, der von Reinhard Kardinal Marx, dem Erzbischof von München und Freising und Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, zelebriert wurde. In seiner Predigt betonte er, Religion sei nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung vieler Konflikte in unserer Zeit. Allerdings müsse sich der Glaube den Anforderungen der Vernunft stellen, wenn er nicht instrumentalisierbar sein wolle. Deshalb müsse man die Religion immer wieder neu auf das Niveau des Denkens unserer Zeit bringen.

Neben den Vorträgen und Diskussionen bot das Jahrestreffen zahlreiche Gelegenheiten zur Begegnung und zum Austausch über die vielfältigen Aktivitäten, mit denen Stipendiaten und Ehemalige wichtige Akzente in Kirche und Gesellschaft setzen.

 

Die Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz finden Sie hier:
http://www.dbk.de/no_cache/presse/details/?presseid=3124

Die Meldung der Katholischen Nachrichtenagentur kna finden Sie hier:https://cds.kna.de/dzNewsDaten/webnews/kwn09/urn_newsml_kna.de_20130101_160522-89-00110-2.html

 

Interview mit dem Leiter des Cusanuswerks, Prof. Dr. Georg Braungart: http://www.domradio.de/themen/jugend-und-spiritualitaet/2016-05-19/leiter-des-cusanuswerks-zu-60-jahre-katholischer-elitefoerderung

 

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