Das Jahrestreffen des Cusanuswerks 2015 – eine katholische „Denkfabrik auf Zeit“ – war ein großer Erfolg

800 Stipendiatinnen und Stipendiaten der Bischöflichen Studienförderung Cusanuswerk und zahlreiche hochrangige Gäste kamen vom 29. bis zum 31. Mai 2015 in Geseke/Eringerfeld zusammen, um sich dem Thema „Mainstream“ zu widmen.  Das Jahrestreffen wurde zu einem Highlight im Jahresprogramm der Begabtenförderung der katholischen Kirche.

Auf dem diesjährigen Treffen der studierenden, promovierenden und ehemaligen Stipendiatinnen und Stipendiaten des Cusanuswerks stand der „Mainstream“ im Zentrum der Debatte. Wird der demokratische Staat durch Konformitätsdruck zur Konsensgesellschaft? Wer bestimmt eigentlich, was zur „herrschenden Meinung“ wird? Worin kann die Freiheit des Einzelnen bestehen? Und wo liegen die Potenziale eines christlichen Nonkonformismus? In zwei Festvorträgen sowie in insgesamt 11 Workshops wurden diese und weitere Fragen intensiv und kontrovers diskutiert.

Prominente Redner provozierten zur Auseinandersetzung. Ausgehend von der Feststellung, dass der Mainstream „gemacht“ und „programmiert“ werde, stellte Professor Dr. Norbert Bolz (Leiter des Fachgebiets Medienwissenschaft an der Technischen Universität Berlin) in seinem Festvortrag die Frage, warum diese Form der Fremdbestimmung in einer demokratischen Gesellschaft zugelassen werde. Den Grund sieht Bolz in der bereits von Niklas Luhman beschriebenen „Komplexität“ der Welt, die für den einzelnen schwer zu durchdringen sei und eine Ausrichtung an Expertenmeinungen nahelege. Diese aber führe zu einer neuen Form des Paternalismus, oft sogar zu einer „Alltagsregulierung“, die sich beispielsweise in moralisierenden Vorgaben der „Political Correctness“ äußere. Welchen Ausweg gibt es aus diesem programmierten Mainstream? Norbert Bolz plädiert für einen Eigensinn, den er als Bedingung der Freiheit versteht, und für den Mut, sich mit der eigenen Meinung den vielen anderen entgegenzustellen.

Professor Dr. Heinz Bude (Lehrstuhl für Makrosoziologie an der Universität Kassel und langjähriger Leiter des Arbeitsbereichs „Die Gesellschaft der Bundesrepublik am Hamburger Institut für Sozialforschung) sprach einen zentralen Aspekt des Tagungsthemas an, indem er fragte, inwiefern Freiheit möglich sei in einer Gesellschaft, in der nicht nur der Konformismus, sondern auch der Nonkonformismus normative Vorgaben erzeuge. Heinz Bude sieht die „Subjektform des Kreativen“ als dominante Form des Gegenwartskapitalismus; in der Kreativwirtschaft werde der Nonkonformismus zur professionellen Ausstattung. Der Zwang zur Kreativität sei von Freiheit weit entfernt und führe zu einer Erschöpfung durch Performanz und Innovation. Vor diesem Hintergrund fordert Bude eine andere Ausdrucksform der Freiheit: den „Mut zum exemplarischen Nein“, der allerdings die Bereitschaft voraussetze, die soziale Grundangst vor der Isolation zu überwinden.

Die Festvorträge wurden ergänzt durch 11 Workshops, in denen prominente Referentinnen und Referenten das Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchteten; dabei entstanden lebhafte Debatten – etwa über „Political Correctness“, Schwarmintelligenz, Popkultur, „Journalismus und Mainstream“, „Wutbürger und Empörungskultur“ und politisch induzierten Mainstream am Beispiel des „Gender Mainstreaming“.

Festgottesdient und Pontifikalamt am Sonntag. Zum Abschluss des Wochenendes kamen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einem Festgottesdienst zusammen, der von Dr. Heinrich Mussinghoff, Bischof von Aachen, zelebriert wurde.

Neben den Vorträgen und Diskussionen bot das Jahrestreffen viele Gelegenheiten zur Begegnung und in einem großen „Forum Cusanum“ zur Vorstellung eigener Initiativen der Studierenden im Cusanuswerk, mit denen sie in Kirche und Gesellschaft wichtige Akzente setzen.

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