Im Dialog mit Gästen aus mehreren afrikanischen Ländern widmete sich die Jahrestagung 2022 der Bischöflichen Studienförderung Cusanuswerk dem Thema „Welt-Kirche im Aufbruch“. Rund 800 Stipendiatinnen und Stipendiaten, Ehemalige und Fachleute aus Wissenschaft und Kirche, Wirtschaft, Politik, Kultur und Medien kamen von Freitag bis heute (10. bis 12. Juni 2022) in Baarlo/Venlo (Niederlande) zusammen, um über die Zukunftsperspektiven der katholischen Kirche zu diskutieren. Im Fokus stand dabei die katholische Kirche in Afrika. Die größte Veranstaltung des Begabtenförderungswerks der katholischen Kirche in Deutschland fand erstmals in Kooperation mit dem KAAD (Katholischer Akademischer Ausländer-Dienst) statt.
Die Kirche ist im Aufbruch – in Deutschland und überall auf der Welt. Die Zahl der Katholikinnen und Katholiken wächst in etwa so schnell wie die Weltbevölkerung. Dabei wird die katholische Kirche afrikanischer: Mehr als die Hälfte der Mitglieder, die binnen eines Jahres neu hinzugezählt werden, leben in den Ländern Afrikas. Auf der Jahrestagung des Cusanuswerks wurde deutlich: Aufbruch und Wandel, aber auch Dialog und internationale Zusammenarbeit sind notwendig, damit die katholische Kirche als weltweit größte institutionell organisierte Religionsgemeinschaft menschliche Entwicklung, Frieden und Versöhnung auch in Zukunft wirksam fördern kann. Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung waren der Synodale Weg, den die katholische Kirche in Deutschland gemeinsam geht, und die Weltbischofssynode, die aktuell unter Beteiligung von Gläubigen in allen Ländern der Welt vorbereitet wird.
„Wir erkunden bei dieser Jahrestagung das Potential der Religion, insbesondere des Christentums und des Katholizismus, in einer Haltung, die jede Asymmetrie zu vermeiden sucht und immer auch die Austauschprozesse, die Verbindungen und Wechselwirkungen im Blick hat. Was können die Kirchen und Gesellschaften Europas und Afrikas voneinander lernen – und wie können Sie sich gegenseitig unterstützen? Wir freuen uns sehr, dass wir diese Fragen gemeinsam mit unserer Partnerorganisation, dem KAAD, beleuchten können“, so Prof. Dr. Georg Braungart, Leiter des Cusanuswerks, im Rahmen der Eröffnung der Tagung. In vielen Ländern Afrikas wachse nicht nur die Zahl der Gläubigen. Vielmehr erfahren auch die Wirtschaft, die Universitäten, die Mittelschicht seit den 1990er Jahren eine geradezu atemberaubende Dynamik, so der Generalsekretär des Cusanuswerks, Dr. Thomas Scheidtweiler. Von hier gingen wesentliche Impulse für die Weltgemeinschaft aus.
Mit dem US-amerikanischen Autor John L. Allen skizzierte Prof. Dr. Bernhard Spielberg, Lehrstuhl für Pastoraltheologie an der Universität Freiburg, in seinem Impulsvortrag die Zukunft der Kirche anhand von vier kritischen Schlagworten: Sie werde global, kompromisslos, pentecostal und extrovertiert. Angesichts dieser Szenarios warb Prof. Spielberg für den Abschied vom „Ideal einer Einheit in Vielfalt und für die Pflege von Vielfalt in Einheit“ in den unterschiedlichen katholischen Kulturen der Gegenwart. In einem Podiumsgespräch diskutierte er im Anschluss mit Pater Dr. Moses Asaah Awinongya SVD (Dozent für Dogmatik und ökumenischer Dialog, Köln), Sr. Jacinta Kitonyi (Pastoralreferentin, Rhede), Dorothee Klüppel (Misereor, Aachen) und Prof. Dr. Dr. Claude Ozankom (Fundamentaltheologie, Religionsphilosophie und Theologie der Religionen, Bonn) die Chancen der Weltbischofssynode. Es gelte, die Vielfalt und das Glaubenszeugnis unterschiedlicher katholischer Ortskirchen zur Geltung zu bringen.
Zum Auftakt der Jahrestagung forderte Weihbischof Dr. Christoph Hegge, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für das Cusanuswerk, neue Anstrengungen, den Markenkern von Christentum und Kirche zu erkennen. Es sei höchste Zeit für evidenzbasiertes Handeln und einen Perspektivenwechsel, so Weihbischof Hegge: „Menschen interessieren sich über alle Sprach- und Kulturgrenzen hinweg für Sinnfragen, für den Umgang mit Leid und Schuld, für die Frage der Gestaltung von Beziehungen und eben auch ganz konkret für Gott. Wenn sich für die Menschen die Kirche in diesen Themen nicht als überaus relevant erweist, wenn das Glaubens- und Lebensangebot im Raum der Kirche nicht einen sichtbaren und erfahrbaren Qualitätssprung markiert, dann versinken wir in der Bedeutungslosigkeit. Wir müssen uns fragen, woher die missionarische Dynamik in Afrika, die Glaubensfreude der Menschen kommt und welche existenzielle Relevanz sie für ihr Leben besitzt.“
In acht parallelen Foren, u. a. mit dem Schriftsteller Martin Mosebach (Georg-Büchner-Preisträger) und Prof. Dr. Anne-Marie Bonnet (Kunsthistorisches Institut an der Universität Bonn), tauschten sich die Anwesenden am Samstagvormittag zu Themen wie Kolonialgeschichte und Mission, Dekolonisierung im Museumsbereich sowie Entwicklung und Migration aus.
In ihrem Festvortrag am Sonntagvormittag zum Thema „The Church in Africa and Patriarchy: African Women Speak out“ hob Prof. Dr. Philomena Njeri Mwaura (Department of Philosophy and Religious Studies, Kenyatta University, Nairobi, Kenia) hervor: "The Church, the Bible (with a patriarchal stamp) and African culture, can be seen as double-edged swords that both value and devalue, empower and disempower, liberate and oppress women." Sie folgerte zudem: "In relation to inculturation and women’s participation in the Church, much can be learned from the religious roles and status in African culture and religion. The rich African heritage should be engaged by the Catholic Magisterium in its attempt to inculturate the Christian faith in Africa."
Den Abschluss der Jahrestagung prägte der Festgottesdienst, der von Kardinal Berhaneyesus D. Souraphiel CM, Erzbischof der Äthiopisch-katholischen Kirche und Metropolit der Kirchenprovinz Addis Abeba, und dem Beauftragten der Deutschen Bischofskonferenz für das Cusanuswerk, Weihbischof Dr. Christoph Hegge, gefeiert wurde.
Weitere Impressionen der Jahrestagung finden Sie hier.
Hier finden Sie die von der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlichte Pressemitteilung vom 12. Juni 2022.
Hier finden Sie das Programm der Jahrestagung 2022.