Zwischen Papst Franziskus und dem Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten, J.D. Vance, entbrannte im Februar 2025 eine heftige Kontroverse über den Begriff ordo amoris (deutsch: „Ordnung / Wahrheit der Liebe“), die den vorläufigen Höhepunkt der Auseinandersetzungen über thomistische Theologie im öffentlichen Raum bildet. Der hl. Thomas von Aquin (1225 – 1274) ist wohl in letzter Zeit wie kaum eine andere Figur Objekt eines kirchlichen Kulturkampfes geworden: Während ihn die einen als intellektuellen Gralshüter des kirchlichen Lehramts betrachten, ist er für die anderen zur Reizfigur eines monolithischen Denkens geworden.
Dabei fasziniert seine klare, stringente und transparente Logik, die sowohl für theologische als auch politische Diskurse fruchtbar gemacht werden kann, erst einmal unabhängig von kirchenpolitischen Bewertungen. Mit seiner Synthese aus antiker Philosophie und christlichem Dogma prägte er wohl so nachhaltig wie kein anderer Theologe den christlich-philosophischen Diskurs bis zur Aufklärung. Im Jubiläumsjahr seines 800. Geburtstags wollen wir uns diesem zutiefst faszinierenden Denker ein Wochenende lang widmen und uns mit grundlegenden Fragen zum thomistischen Gottesbild befassen. Wir setzen uns mit der thomistischen Rationalisierung des Glaubens auseinander, stellen uns aber auch der Kritik an Gottesbeweisen und fragen uns schlussendlich, durch welche Attribute sich der Gott eigentlich auszeichnet. Dabei hinterfragen wir auch unsere eigenen Gottesbilder, überprüfen, welche Attribute wir Gott zuschreiben und tauschen uns hierüber aus.
Im zweiten Teil des Wochenendes wenden wir uns dann der praktischen Theologie zu; wir erarbeiten, wie sich die Güte einer Handlung systematisch evaluieren lässt, indem – aus der Sicht des Handelnden – ihre Faktoren wie Art der Handlung, Ziele, Mittel und Umstände betrachtet werden. Gerade heute ist diese Kompetenz essentiell, um die Sprache der Moraltheologie zu verstehen und in das eigene Leben gemäß den je eigenen Umständen zu integrieren.
Besonders interessieren uns auch die unterschiedlichen Intentionen und Deutungen, mit denen Thomas als wichtiger Autor oder gar als Normtheologe rezipiert wurde und wird. Ein Blick auf diese teilweise kontradiktorische Vielfalt kann heutige Bezugnahmen auf Thomas ein wenig befreien vom Geruch des Gestrigen oder gar Reaktionären und neue Zugänge öffnen – jenseits von rigiden Lagerpositionen.